Pandschab

Nach zwei weiteren Wochen hat sich nunmehr endlich die Gelegenheit geboten, auch privat einmal einen etwas weiteren Ausflug zu machen. Ziel dieses Mal: der nördliche Punjab. Aufgrund finanzieller Beschränkungen, ehrlich gesagt einfach für die Gaudi, mit einem Taxi. Passagiere: zwei Pakistaner und drei ausgewachsene, will sagen im Schnitt über 180cm grosse Kaukasier. Los ging es um 7.00, nein um 7.35. Pakistanis sind erstaunlich pünktliche Menschen, denkt man an die ganzen – teilweise natürlich völlig berechtigten – Geschichten, die man so über Asiaten im näheren Bekanntenkreis vernommen hat. Mit einer Ausnahme: Taxifahrer kommen irgendwie – dies ist jetzt ein persönlicher Erfahrungswert und damit empirisch wohl  nicht wirklich belastbar – grundsätzlich zu spät.

Taxis in Islamabad sind eigenartige Hybridwesen, die sich sowohl von Benzin, als auch von CNG (Erdgas) ernähren können. Image

Taxi aus Islamabad nach Flussdurchquerung

Ersterer Tank befindet sich dort, wo er bei jedem normalen Auto ist, während der zweite sich für den im Fond des Auto Sitzenden durch einen Schulterblick recht schnell offenbart. Wo coole deutsche Heranwachsende ihre Bassröhre liegen haben, liegt beim pakistanischen Taxifahrer die Gasflasche. Mit ähnlichem Effekt, im übrigen, einen Kofferraum gibt es dadurch nicht, stattdessen wird auf dem Dach des Autos ein Gepäckträger befestigt, mit dem notfalls ganze Häuser transportiert werden können. Die Zuleitung für diesen Gastank scheint irgendwie den kompletten Boden des Autos einzunehmen, beim Tanken zumindest vibriert das ganze Auto. Donnerstags und Freitags kosten die Taxen mehr, denn da gibt es aus für mich bisher nicht näher geklärten Gründen kein CNG, was, man wird es schon erraten haben, deutlich günstiger ist als Benzin. Da der Tank allerdings auch recht klein ist, haben wir auf unserer ca. 450km währenden Reise sechs Mal zum Tanken halten müssen.

Über die hervorragend ausgebaute, und aufgrund ihrer Mautpflichtigkeit (und Eingezäuntheit) auch weitestgehend menschenleere Autobahn ging es mit einer halbstündigen Verspätung zunächst in Richtung der Salzminen von Khewra. Diese wurden der Legende (?) nach von Alexander dem Grossen auf seiner Durchreise entdeckt, als eines der Pferde seines Heeres todmüde an einem Stein leckte und plötzlich wieder bei Kräften war. Die grösste und älteste Salzmine Pakistans ist gleichzeitig auch zweitgrösste Salzmine der Welt und ein beliebtes Ausflugsziel für Pakistanis wie Ausländer. Wie bei den meisten Publikumsmagneten Südasiens wird an der Kasse auch hier die Unterscheidung gemacht zwischen Pakistani Nationals und dem Rest. Ersterer zahlt 120Rupien, also ca. nen Euro, während der Rest für den Eintritt 10 Dollar blechen muss, was wiederum ca. 8 Euro gleichkommt. Lustigerweise ist der Preis für Ausländer gar nicht in der Landeswährung ausgeschildert, sondern lediglich mit dem Hinweise versehen „or equivalent“. Ist man Student, zahlt man weniger, die Bahncard 25 zählt dabei als hinreichender Nachweis der Immatrikulation an der (Bahn-) Uni. Die verkehrende Bahn, die wiederum für alle Benutzer das gleiche kostet erinnert an die Geschichten, die man in seiner Kindheit über den Wilden Westen gelesen hat. Ein Mann, der eine Stange hält sitzt auf dem ersten Wagen, der eigentlich nur ein Brett auf Rädern ist, und führt diese Stange entlang der in ca. 2,20m Höhe angebrachten Hochspannungsleitung. Je nachdem wie er sie bewegt, bewegt sich der Zug vor- oder rückwärts.

Der Tunnel ist recht schmal, wird dadurch noch schmaler, dass zahlreiche Menschen nicht den Zug nutzen, sondern zu Fuss ins Allerheiligste vordringen, nach Erzählungen meiner Kollegin, die im Hochsommer hier war, ist es bei Temperaturen um die 50°C noch schlimmer, da dort nämlich nicht nur Touristen laufen und „Züge“ fahren, sondern zudem die komplette Dorfbevölkerung erschöpft im Dunkeln herumliegt, und die ersten 150m des Tunnels mit menschlichen Leibern übersät, weil es hier so schönen Schatten, und eine „frische“ Brise gibt. Irgendwann blieb der Zug dann liegen, ein fetter Pakistani blies in seine Trillerpfeife, bedeutete allen, dass sie auszusteigen hätten, und setzte sich an die Spitze der kleinen Gruppe, um die Salzmine zu erklären.

Das besondere an der Salzmine ist, dass das Salz hier, zumindest in den Stollen, die man so als Tourist besichtigt, rot und durchscheinend ist, dementsprechend ist auch schon die ganze Strasse auf dem Weg zur Mine gesäumt von Händlern, die Salzlampen anbieten. Geschnitztes Salzgestein, in welches die in Deutschland mittlerweile nicht mehr erhältlichen und deswegen auf dem pakistanischen Markt wahrscheinlich günstig zu erwerbenden Glühlampen verbaut sind. Stückpreis für ansehnliche Exemplare: 200Rp, ca. €1,80. Aufgrund der Sperrigkeit dann für die europäischen Touristen vielleicht doch nicht gerade das beste Mitbringsel. Schade.

In der Höhle/ dem Stollen selbst gibt es dann Minarette, Moscheen, Postbüros und allerlei sonstige Gebäude, die aus dem Salzstein herausgeschitzt wurden, nicht so filigran wie die Salzkunstwerke im Bergwerk nahe Krakau, aber aufgrund der rötlichen Färbung dennoch schön anzuschauen. Unser pakistanischer Kollege konnte es nicht lassen, er fand die Höhle so schön, dass er alle fünf Minuten mal an der Wand geleckt hat, um zu eruieren, ob es sich dabei tatsächlich um Salz handelt. Mit für ihm verblüffenden Ausgang: Ja. Ein lustiges Artefakt, das ebenfalls in der Galerie vorhanden war: Eine Kanone. Ihr Zweck? Nicht etwa Taliban zu vertreiben, die gab es damals noch gar nicht, sondern vielmehr das Salz von der Decke zu schiessen. Und dann überall die versteckten Augen. Die machen einen ganz verrückt. Da zahlt man ein Vermögen für den Eintritt, und hätte sich am besten gleich noch ein paar Bänder mitgebracht, um den bösen Blick auch unterirdisch abwenden zu können.

Die Kanone

Irgendwo in dem Stollen, der sich dann doch durch, wenn ich mich recht entsinne 14 Stockwerke auszeichnet, befindet sich auch ein Sanatorium für Asthmatiker. Was ich lustig fand, war die Tatsache, dass zu diesem Sanatorium nicht wirklich eine Strasse hinführt, sondern eine staubige Piste, und dies in einer Landschaft, die man im besten Fall als Halbwüste bezeichnen könnte, mit entsprechenden Temperaturen. Auf dem Weg hinaus dann das nächste Problem, der Motor der Lock wollte nicht mehr, alles mit der Stange schütteln half nichts mehr, 15 Techniker standen ahnungslos vor dem Dinosaurier und wussten nicht was sie tun sollten, die Besucher gingen schweigend an ihnen vorbei in Richtung Freiheit, in Richtung Licht, und nach den angenehmen ca. 20° die ganzjährig im Stollen herrschen, auch wieder Richtung fieser Temperaturen. Für uns Richtung Taxi, um uns auf den Weg zu unserer nächsten Destination zu machen: den Hindutempeln von Katas Raj.

Zehn Tage

Zehn Tage sind vergangen. Zehn Tage, in denen eigentlich nicht viel passiert ist, und dann doch wieder eine ganze Menge. Mangels öffentlicher Transportmittel, bzw. meiner Unfähigkeit, diese als solche zu identifizieren (kommt noch), habe ich mich in den vergangenen Tagen insbesondere auf meine Sektoren beschränkt und bin immer innerhalb des gleichen Buchstabens unterwegs gewesen. Zu Fuss. Dies ist auch nicht weiter schlimm, ein anderer Deutscher, mit dem ich mich unterhielt, meinte, sein Sohn hätte nach der Beschreibung seines derzeitigen Lebensstils festgestellt, dass sich das anhöre wie ein Leben im Gefängnis.

Und ja, es stimmt. Zahlreiche Expats – nicht nur in Pakistan – beschränken ihren Radius auf ihr unmittelbares Umfeld und widmen sich voller Elan und 24 Stunden am Tag ihrer Arbeit. Hotel – Fahrer – Arbeit – Fahrer – Hotel – Schlafen. So sieht das Leben nicht weniger, insbesondere für kürzere Zeiträume ins Ausland entsandter deutscher Mitarbeiter aus. Der Kontakt mit der Bevölkerung tendiert dahingehend naturgemäss gegen Null. Ausserhalb gegessen wird nur in teuren (westlich(en) orientierten) Restaurants, weil man überall sonst Gefahr läuft, sich eine Lebensmittelvergiftung aufgrund mangelnder Hygienestandards einzufangen. Auch das stimmt, aber ich kann in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, dass der menschliche Körper als solcher erstaunlich widerstands- und insbesondere lernfähig ist.

Wer nie etwas pakistanisches gegessen hat, wird schon fast automatisch beim ersten Genuss dieses wirklich sehr leckeren Essens irgendwelche Komplikationen erleiden, weil der Körper zahlreiche Zutaten nicht kennt. Lässt man sich dadurch nicht abhalten, und versucht es ein zweites Mal, so sind die Abwehrreaktionen schon sehr viel geringer, ab dem dritten Mal funktioniert es in den meisten Fällen. Klar, gewisse Standards wollen und müssen eingehalten werden, auch klar ist, dass dieser Prozess einer gewissen Zeit bedarf, aber: es lohnt sich. Gleiches gilt für den Transport innerhalb der Stadt: Ab und an einfach mal auf die Strasse gehen. Es ist warm. Ja. Aber man bekommt sicherlich auch ein Gefühl mehr für dieses Land.

Kann man wirklich behaupten, in einem Land gelebt zu haben, dieses voller Stolz in seinen Lebenslauf hineinschreiben, und auf die grosse Gefahr hinweisen, der man sich tagtäglich ausgesetzt hat? Sieht man einmal von den sicherlich vorhandenen Gefahren ab, wage ich dies bei oben beschriebenem Expat aufgrund seines „Zero Contact“ in Frage zu stellen. Ich möchte niemanden kritisieren. Beileibe nicht. Jeder kommt irgendwie in Kontakt mit der lokalen Kultur. Jeder geht irgendwann einmal hinaus. Jeder isst „mal“ lokales Essen. Jeder kann sich vor Ort sehr viel besser ein Bild dessen machen, was zu Leben es in einem anderen Land bedeutet. Jeder bringt Opfer, wenn er in einem anderen Land eingesetzt ist. Man kann sich das Leben aber sehr angenehm einrichten.

In Dichotomien zu denken und zu schreiben ist immer einfach. Stereotypen, Idealtypen gibt es in der Realität nicht. Was ich kritisieren möchte ist eine hundertprozentige Beschränkung auf die Expat-Community. Was ich kritisieren möchte ist die Tatsache, dass viele Expats (nicht nur diese, auch reiche Einheimische – sicherlich beeinflusst durch erstere) die 200m zum nächsten Markt nicht zu Fuss gehen, sondern mit ihrem Landrover und ihrem Fahrer. Oder, auch schon gesehen, ihren Fahrer mit dem Landrover und einem Dienstboten  schicken, um ein Buch in einem Buchladen auszusuchen und zurückzubringen. Dies widerspricht meinem Weltbild, aber ich werde in meinem Leben noch viele Dinge geraderücken müssen, davon bin ich fest überzeugt.

Es ist noch immer Ramadan, vielleicht liegt es auch daran, und ich werde schon nächste Woche obigen Abschnitt korrigieren müssen. Wenn ich auf der Strasse unterwegs bin, faste ich auch. Ich esse nichts, was nicht so schwierig ist, und ich trinke nichts, was höllisch schwierig werden kann. Da ich die Temperaturen nicht gewöhnt bin, kann ich mich nicht so sehr in das Leben hineinwerfen wie ich es vielleicht gerne tun würde. Ausflüge ins Umland muss ich stark beschränken. Wie die hiesigen Arbeitnehmer das schaffen, ist mir ein Rätsel. Bei einem klimatisierten Raum lasse ich mir noch eingehen, dass man es schaffen kann, ebenso die in meinem letzten Post erwähnten Schlaforgien cum Urlaub. Und so sieht man immer wieder Menschen, die heimlich etwas essen oder trinken. Man geht nichtsahnend durch den Wald, kommt um eine Ecke, und da sitzen zwei junge Männer, die verstohlen am essen sind. Man sieht in einer Nebengasse Menschen, die irgendwo aus ihrem Chalwar Kameez eine kleine Flasche Wasser zaubern und sich schnell einen Schluck genehmigen. Die, die es geschickter machen, spielen mit einem Wasserschlauch und trinken wie aus Zufall, tun dabei aber so, als würden sie sich nur das Gesicht vom Schweiss reinigen, während sie ein Auto putzen.

Ich habe mich mit Menschen unterhalten, und sie gefragt, wie die Temperaturen für sie sind. Die Antwort war, dass auch der Bewohner von Islamabad nicht wirklich mit ihnen zurecht kommt. Über ein hohe Hitzebeständigkeit verfügten die Bewohner des Sindh, Belutschistans Balochistans und des südlichen Pandschab Punjab. Bei einer abendlichen Iftar-Veranstaltung sah ich dann auch, wie schwer das Fasten selbst denen fällt, die im Büro sitzen. Schon eine Viertelstunde vor Ablauf des Tages hatten sich alle Anwesenden mit einem vollen Glas Wasser oder Limonade ausgestattet. Der Muezzin hatte noch keine Sekunde gesungen – was das abendliche Fastenbrechen einläutet –  und alle stürzten (!) die Gläser hinunter, es war unmöglich, in den nächsten zehn Minuten noch einmal etwas zu trinken bekommen, weil sich eine solch dichte Menschentraube um die Getränkeausgabe scharte. Und ja, hier konnte man auch sehen, wer nicht gefastet hatte. Das waren die Geduldigen, die auch noch zehn Minuten mehr Zeit hatten, bis sie anfingen zu trinken.

Der Fatima Jinnah Park (1/2)

Geregnet hat es in den letzten Tagen nicht mehr, die Temperaturen waren anhaltend hoch, während des Tages ist der Verkehr weiterhin auf ein Minimum beschränkt. Überall in den Parks, die es hier in nicht unerheblicher Anzahl gibt, sitzen und liegen dösende Menschen, die das Ende des Tages abwarten. Auch Arbeiter gönnen sich immer mal wieder eine kurze Auszeit im Schatten eines Baumes, und machen etwas, wofür eigentlich sonst eher die Japaner bekannt sind – einen „Power-Nap“. In der Nähe meiner Behausung ist ein öffentlicher Basketball-Platz, und häufig, wenn ich an diesem vorbeikomme, sehe ich dort junge Männer Basketball spielen. Zunächst habe ich mich gewundert, wieso dies immer ausschliesslich Chinesen sind, mittlerweile habe ich die Antwort: Ramadan.

Fatima Jinnah Park 2/2

Pakistan – Really a hard country?

It should be said that, with the exception of my stays in some of the Pathan areas, at no point during my visits did I feel under any direct physical threat, except from the execrable local driving – and if you were going to be too affected by that you’d have to avoid visiting about half the world. Moreover, the Pathan areas are only a small proportion of Pakistan as a whole. It is worth stressing this, because one reason why Pakistan is so little known and so badly misinterpreted in the West is that so many analysts and commentators are too afraid to go there, or, if they go, to travel outside Islamabad. This reluctance to visit Pakistan is […] largely unjustified – not to use a stronger word for this behaviour. (A. Lieven 2011: Pakistan – A Hard Country, P. 36)

Jetzt bin ich also nach zweijähriger Vorbereitung und zwölfstündigem Flug hier, im Kopf die ganzen Warnungen von Freunden, Verwandten, Kollegen, die Interpretationen der westlichen Presse, die regelmäßigen Berichte über Anschläge und andere Unzulänglichkeiten in einem wahlweise als „failed state“ oder zumindest „failing state“ bezeichneten staatlichen Gebilde.

Dabei bin ich eigentlich gewillt, dem eingangs genannten Zitat Glauben zu schenken, und mir unbiased – unter Zugrundelegung der in jeder Reise anzuwendenden Vorsicht und kulturellen Sensibilität – das Land anzuschauen, zu staunen, und hoffentlich bald zumindest ansatzweise zu verstehen.

Seit dem 2. August bin ich hier. Ich plane, meine Eindrücke hier zu schildern, und vielleicht dem einen oder anderen – sofern es mir selbst auch gelingt – die Angst vor dem Land zu nehmen, zumindest aber Einblicke zu gewähren, die sich dem deutschen Betrachter – abgesehen von der Kolumne Hasnain Kazims vom Spiegel, und ggf. weiterer mir nicht bekannter Blogs – vielleicht nicht alltäglich bieten.

Direktflüge gibt es von München nach Pakistan keine, vielleicht auch ein Grund, warum hier eher wenige Menschen hinkommen. Die Flugverbindung ist dennoch akzeptabel, wenn alles nach Flugplan läuft, dauert die Reise unter 12 Stunden, inkl. eines Zwischenstops in einem meist arabischen Land. Mit Emirates hat es für mich 12 1/2 Stunden gedauert, was aber insbesondere daran lag, dass die Maschine nicht nur Passagiere, sondern noch sehr viel mehr Güter transportierte, deren Verladung einige Zeit in Anspruch  nahm. Bei 30kg aufgegebenem Gepäck, welches bei dieser Airline standardmässig im Preis enthalten ist, aber eine verzeihliche Verspätung. Dubai ist ein schöner Flughafen, auf dem man durchaus einige Zeit verbringen kann, zudem sorgte die Verspätung dafür, zu einer halbwegs christlichen Zeit zu landen. Ein Grossteil der Flüge die nach Islamabad gehen, landen nämlich gegen zwei Uhr in der Früh.

Schon beim Aussteigen auf dem Benazir Bhutto Flughafen, der entgegen der landläufigen Meinung nicht in Islamabad, sondern deren durch einen Highway räumlich getrennten Zwillingsstadt Rawalpindi liegt, fiel mir auf, dass die Temperaturen durchaus ertragbar sind. Mit 34° vielleicht nicht gerade der wärmste Tag des Jahres war damit trotzdem der erste Schritt schon nicht der schlechteste. Auch bei der Einreise gab es keinerlei Probleme. Visum vorgelegt, Stempel bekommen, Formular ausgefüllt, durchgewunken. Durch die vorab arrangierte Abholung durch den Fahrer, der inmitten einer riesigen Menge Chalwar Kameez tragender, winkender Pakistanis schon optisch durch seine sich halbwegs als westlich zu bezeichnenden Kleidung hervortat, war auch der zweite Schritt keinerlei Problem. Die halbstündige Fahrt  zum Guesthouse nutzt man zum gegenseitigen Kennenlernen, das Guesthouse zum Umziehen und die weitere Fahrt zu kurzen Besinnung. Und wieder ein Pluspunkt für Pakistan, das Büro liegt am Fusse von Bergen, die Berge sind schön und grün, die Strassen sinds auch, Autos fahren kaum welche, und die die fahren, tuns vorsichtig. Pakistan aus der Sicht eines Expats aus der Sicht Islamabads hat – wenn man sich auf einige wenige Planquadranten beschränkt, also schon einmal durchaus etwas lebenswertes.

Und Islamabad aus einer anderen Sicht? Die Stadt wurde 1960 zur Hauptstadt, und wurde komplett am Reissbrett entworfen, Quadranten für Bedienstete, Quadranten für Läden, Quadranten für Beamte, Quadranten für Botschaften, Quadranten für… Eine schön schachbrettartig angelegte Stadt, die es so sicherlich öfter auf dieser Welt gibt, von der Benennung aber aus meiner Sicht nur mit Mannheim vergleichbar ist. Dort gibt es L11/7 als Adresse, in Pakistan ist es dann F-6/1, St. 32, H. 17. Ist halt etwas grösser das ganze, folgt aber dem gleichen Prinzip. Zur Erläuterung: Benanntes Haus liegt im Quadranten F6, der wiederum in vier Quadranten aufgeteilt ist, vorliegend also der erste Unterquadrant im sechsten Quadranten von F, hier die 32. Strasse und das 17. Haus. Einfacher gehts kaum noch, oder?

Bisher kenne ich nur die „reicheren“ Quadranten und war noch nicht in den „Arbeiterquadranten“, von daher mag ich noch keine abschliessende Auskunft über die Güte der Wohnqualität zu geben. Ich weiss allerdings schon, dass die neueren Quadranten sehr viel enger und höher bebaut sind, als die alten Quadranten, insofern also sicherlich im Sommer die Wohn- und Lebensqualität bei Temperaturen weit jenseits der 40° sicherlich erheblich leidet.

Heute waren es aber nicht über 40° sondern unter 30°, was mit einem kurzen monsunartigen Regenschauer am gestrigen Abend und heutigen Morgen zusammenhängt. Wenngleich die Wassermenge viel zu gering war, um die stark unter Wassermangel leidenden Pakistanis auch nur ansatzweise mit dem nötigen Lebenselixir zu versorgen, so hat das ganze doch zu sehr angenehmen Temperaturen geführt. Oder, wie mein Freund, der Chowkidar es ausdrückt: Very good weather, sir, you very lucky man. Worauf ist der zweite Halbsatz zurückzuführen? Es hat in den letzten Wochen und Monaten schlichtweg kaum geregnet, kaum bin ich da, fängts an. Und alles grünt, und der Himmel ist  blau, und die Menschen gehen spazieren, auch am Tag, und alles wird gut. Wäre nicht Ramadan, hätten bestimmt auch die Restaurant geöffnet und man sähe noch viel mehr Menschen.

Der Ramadan, der muslimische Fastenmonat, der dieses Jahr noch bis zum 19. August geht, führt zu einem weitgehenden Erliegen des öffentlichen Lebens in Pakistan.  Das Fasten beginnt um 3.30 in der Früh, Sehri genannt und geht bis 19.20. Das abendliche Fastenbrechen nennt sich dann Iftar. Dazwischen darf niemand etwas trinken, essen, rauchen. Und normalerweise ist es warm. Was man also macht, man geht abends nicht ins Bett und isst und trinkt sich um 3.20 schnell die nötigen Reserven an, und geht dann ins Bett. Aufgestanden wird dann wieder um 15.00 Uhr. Das machen die, die es sich leisten können. (viele nehmen sich Urlaub). Alle anderen vegetieren durch den Tag, arbeiten produktiv nur am Vormittag, versuchen sich im Schatten oder, noch besser, unter der Klimaanlage aufzuhalten um die Zeit dann bis 19.20 möglichst schnell herumzubekommen. Dementsprechend haben dann auch, wie bereits oben erwähnt, sämtliche Restaurants geschlossen, weil ohnehin niemand käme. Das Essen und Trinken in der Öffentlichkeit ist auch für Nicht-Muslime – schon aus Rücksicht auf die fastenden Mitbürger – striktestens zu unterlassen. Um 19.20 wird dann, mit dem Handy in der Hand, sekundengenau das Fasten mit dem Essen einer Dattel gebrochen, ein kurzes Gebet gesprochen, und weiter gegessen. Vorzugsweise in Gesellschaft.

Pakistan

nix gepackt, bis eben gegrillt, in zwölf Stunden gehts los, mal schauen, obs läuft. Ich bin gespannt. Es gibt viele offene Baustellen