Pandschab
August 31, 2012 Hinterlasse einen Kommentar
Nach zwei weiteren Wochen hat sich nunmehr endlich die Gelegenheit geboten, auch privat einmal einen etwas weiteren Ausflug zu machen. Ziel dieses Mal: der nördliche Punjab. Aufgrund finanzieller Beschränkungen, ehrlich gesagt einfach für die Gaudi, mit einem Taxi. Passagiere: zwei Pakistaner und drei ausgewachsene, will sagen im Schnitt über 180cm grosse Kaukasier. Los ging es um 7.00, nein um 7.35. Pakistanis sind erstaunlich pünktliche Menschen, denkt man an die ganzen – teilweise natürlich völlig berechtigten – Geschichten, die man so über Asiaten im näheren Bekanntenkreis vernommen hat. Mit einer Ausnahme: Taxifahrer kommen irgendwie – dies ist jetzt ein persönlicher Erfahrungswert und damit empirisch wohl nicht wirklich belastbar – grundsätzlich zu spät.
Taxis in Islamabad sind eigenartige Hybridwesen, die sich sowohl von Benzin, als auch von CNG (Erdgas) ernähren können.
Ersterer Tank befindet sich dort, wo er bei jedem normalen Auto ist, während der zweite sich für den im Fond des Auto Sitzenden durch einen Schulterblick recht schnell offenbart. Wo coole deutsche Heranwachsende ihre Bassröhre liegen haben, liegt beim pakistanischen Taxifahrer die Gasflasche. Mit ähnlichem Effekt, im übrigen, einen Kofferraum gibt es dadurch nicht, stattdessen wird auf dem Dach des Autos ein Gepäckträger befestigt, mit dem notfalls ganze Häuser transportiert werden können. Die Zuleitung für diesen Gastank scheint irgendwie den kompletten Boden des Autos einzunehmen, beim Tanken zumindest vibriert das ganze Auto. Donnerstags und Freitags kosten die Taxen mehr, denn da gibt es aus für mich bisher nicht näher geklärten Gründen kein CNG, was, man wird es schon erraten haben, deutlich günstiger ist als Benzin. Da der Tank allerdings auch recht klein ist, haben wir auf unserer ca. 450km währenden Reise sechs Mal zum Tanken halten müssen.
Über die hervorragend ausgebaute, und aufgrund ihrer Mautpflichtigkeit (und Eingezäuntheit) auch weitestgehend menschenleere Autobahn ging es mit einer halbstündigen Verspätung zunächst in Richtung der Salzminen von Khewra. Diese wurden der Legende (?) nach von Alexander dem Grossen auf seiner Durchreise entdeckt, als eines der Pferde seines Heeres todmüde an einem Stein leckte und plötzlich wieder bei Kräften war. Die grösste und älteste Salzmine Pakistans ist gleichzeitig auch zweitgrösste Salzmine der Welt und ein beliebtes Ausflugsziel für Pakistanis wie Ausländer. Wie bei den meisten Publikumsmagneten Südasiens wird an der Kasse auch hier die Unterscheidung gemacht zwischen Pakistani Nationals und dem Rest. Ersterer zahlt 120Rupien, also ca. nen Euro, während der Rest für den Eintritt 10 Dollar blechen muss, was wiederum ca. 8 Euro gleichkommt. Lustigerweise ist der Preis für Ausländer gar nicht in der Landeswährung ausgeschildert, sondern lediglich mit dem Hinweise versehen „or equivalent“. Ist man Student, zahlt man weniger, die Bahncard 25 zählt dabei als hinreichender Nachweis der Immatrikulation an der (Bahn-) Uni. Die verkehrende Bahn, die wiederum für alle Benutzer das gleiche kostet erinnert an die Geschichten, die man in seiner Kindheit über den Wilden Westen gelesen hat. Ein Mann, der eine Stange hält sitzt auf dem ersten Wagen, der eigentlich nur ein Brett auf Rädern ist, und führt diese Stange entlang der in ca. 2,20m Höhe angebrachten Hochspannungsleitung. Je nachdem wie er sie bewegt, bewegt sich der Zug vor- oder rückwärts.
Der Tunnel ist recht schmal, wird dadurch noch schmaler, dass zahlreiche Menschen nicht den Zug nutzen, sondern zu Fuss ins Allerheiligste vordringen, nach Erzählungen meiner Kollegin, die im Hochsommer hier war, ist es bei Temperaturen um die 50°C noch schlimmer, da dort nämlich nicht nur Touristen laufen und „Züge“ fahren, sondern zudem die komplette Dorfbevölkerung erschöpft im Dunkeln herumliegt, und die ersten 150m des Tunnels mit menschlichen Leibern übersät, weil es hier so schönen Schatten, und eine „frische“ Brise gibt. Irgendwann blieb der Zug dann liegen, ein fetter Pakistani blies in seine Trillerpfeife, bedeutete allen, dass sie auszusteigen hätten, und setzte sich an die Spitze der kleinen Gruppe, um die Salzmine zu erklären.
Das besondere an der Salzmine ist, dass das Salz hier, zumindest in den Stollen, die man so als Tourist besichtigt, rot und durchscheinend ist, dementsprechend ist auch schon die ganze Strasse auf dem Weg zur Mine gesäumt von Händlern, die Salzlampen anbieten. Geschnitztes Salzgestein, in welches die in Deutschland mittlerweile nicht mehr erhältlichen und deswegen auf dem pakistanischen Markt wahrscheinlich günstig zu erwerbenden Glühlampen verbaut sind. Stückpreis für ansehnliche Exemplare: 200Rp, ca. €1,80. Aufgrund der Sperrigkeit dann für die europäischen Touristen vielleicht doch nicht gerade das beste Mitbringsel. Schade.
In der Höhle/ dem Stollen selbst gibt es dann Minarette, Moscheen, Postbüros und allerlei sonstige Gebäude, die aus dem Salzstein herausgeschitzt wurden, nicht so filigran wie die Salzkunstwerke im Bergwerk nahe Krakau, aber aufgrund der rötlichen Färbung dennoch schön anzuschauen. Unser pakistanischer Kollege konnte es nicht lassen, er fand die Höhle so schön, dass er alle fünf Minuten mal an der Wand geleckt hat, um zu eruieren, ob es sich dabei tatsächlich um Salz handelt. Mit für ihm verblüffenden Ausgang: Ja. Ein lustiges Artefakt, das ebenfalls in der Galerie vorhanden war: Eine Kanone. Ihr Zweck? Nicht etwa Taliban zu vertreiben, die gab es damals noch gar nicht, sondern vielmehr das Salz von der Decke zu schiessen. Und dann überall die versteckten Augen. Die machen einen ganz verrückt. Da zahlt man ein Vermögen für den Eintritt, und hätte sich am besten gleich noch ein paar Bänder mitgebracht, um den bösen Blick auch unterirdisch abwenden zu können.
Irgendwo in dem Stollen, der sich dann doch durch, wenn ich mich recht entsinne 14 Stockwerke auszeichnet, befindet sich auch ein Sanatorium für Asthmatiker. Was ich lustig fand, war die Tatsache, dass zu diesem Sanatorium nicht wirklich eine Strasse hinführt, sondern eine staubige Piste, und dies in einer Landschaft, die man im besten Fall als Halbwüste bezeichnen könnte, mit entsprechenden Temperaturen. Auf dem Weg hinaus dann das nächste Problem, der Motor der Lock wollte nicht mehr, alles mit der Stange schütteln half nichts mehr, 15 Techniker standen ahnungslos vor dem Dinosaurier und wussten nicht was sie tun sollten, die Besucher gingen schweigend an ihnen vorbei in Richtung Freiheit, in Richtung Licht, und nach den angenehmen ca. 20° die ganzjährig im Stollen herrschen, auch wieder Richtung fieser Temperaturen. Für uns Richtung Taxi, um uns auf den Weg zu unserer nächsten Destination zu machen: den Hindutempeln von Katas Raj.